VERGISSMEINNICHT
Diese Blumen sind ganz bedeutsam für mich, denn ich verbinde sie seit Kindheitstagen mit meiner Mutter.
In meiner ersten Volksschulklasse lernten wir rechtzeitig vor dem Muttertag ein Gedicht.
Die strenge Lehrerin übte mit uns und prüfte sehr genau. Wir bekamen keinen Text zum Mitnachhausenehmen, er war nur in unserem Kopf gespeichert.
Am Samstag vor dem Muttertag überlegte ich noch hin und her, was ich meiner Mama schenken könnte. In der Schule hatten wir nichts gebastelt und zeichnen konnte ich schon gar nicht. Ich fühlte mich recht ungut und bekam noch zusätzlich Angst, dass mir die drei Strophen des Gedichtes nicht mehr einfallen würden. Am Abend mussten wir wie immer zeitig ins Bett gehen. Vor dem Einschlafen grübelte ich und dachte nur noch an das Aufsagen des Gedichtes.
Am Morgen des Muttertages wachte ich früh auf, da die Sonne mit großer Kraft in das Zimmer schien. Ich schaute beim Fenster raus und erblickte neben unserem kleinen Haus unter dem Apfelbaum wunderschöne Vergissmeinnicht. Nur mit dem Nachthemd bekleidet, schlich ich hinaus und pflückte einen großen Strauß, dieser vom Morgentau erfrischten und im zarten blau strahlenden Blumen. Vorsichtig ging ich wieder in das Haus und ich war sehr froh, dass Mama noch im kleinen Stall bei den Kühen war.
Ich suchte nach einer Vase und nahm nur ein einfaches Trinkglas, denn ich hatte nicht mehr viel Zeit. Dann brauchte ich noch ein Tischtuch und nahm schließlich nur ein schön gebügeltes Geschirrtuch. Gottseidank störte mich niemand und ich dachte überhaupt nicht mehr an das Gedicht. Ich musste mich noch hübsch machen und zog mein Sonntagskleid an. Bald darauf kamen meine Eltern und Geschwister in die Stube. Nun wurde ich richtig nervös.
Mutig stellte ich mich zum Tisch mit den Blumen und starrte sie an mit der Bitte: Vergesst mich nicht und lässt mich nicht im Stich! Ich konnte das Gedicht gut aufsagen und meine Mutter war zu Tränen gerührt.
Diese Blumen begleiten mich seit dieser Zeit und sind unvergesslich schön.
Margarete S., Salzburg
Der Garten meiner Kindheit
Der Gedanke an den Garten meiner Kindheit ist untrennbar mit dem bescheidenen Anwesen meiner Großeltern verbunden. Bescheiden an Luxus und heute selbstverständlichen Annehmlichkeiten, aber reich an naturbelassenen Wiesen, vielfältigen Streuobstbäumen, üppigem Löwenzahn, zarten Gänseblümchen, heimeligen Nischen und Geborgenheit. In diesem beschaulichen Refugium verbrachte ich die ersten Jahre meiner Kindheit, behütet und abgeschottet von der großen weiten Welt, während meine Eltern in ebendieser auf hoher See auf einem riesigen Öltanker unterwegs waren. Besonders stolz war meine Oma auf ihren Steingarten. Die Pflege dieses Gartens war eine der wenigen Tätigkeiten, die nicht einer unabdingbaren Notwendigkeit entsprangen, sondern absichtsloser Zeitvertreib waren und reine Freude für sie bedeuteten. Und fast alles, was sie dazu brauchte, fand sie in ihrer Umgebung. Sie züchtete Sorten eigenhändig weiter, bekam von Nachbarinnen, Verwandten oder Bekannten Pflänzchen, und nur ab und zu besorgte meine Oma sich neue Zwiebeln oder Samen. Meist vom Greißler im Ort, ganz selten gönnte sie sich eine Bestellung aus dem Katalog. Meine Oma konnte tun, schauen und warten. Und staunen und sich an jeder Blüte erfreuen. Auch Pflanzen, die sich nicht so entwickelten wie gedacht und etwas schwächlich und kümmerlich gediehen, durften bleiben und bekamen Zeit, sich zu entfalten. Von Perfektionismus hielt meine Großmutter nichts. Es gab keinen Wunderdünger, keine hochgezüchteten, exotischen Sorten aus Gewächshäusern. Was wuchs und blühte, war das Ergebnis ihrer jahrzehntelangen Pflege und Fürsorge. Es wurde nichts erzwungen. Es musste nichts innerhalb weniger Wochen umgesetzt werden und einer fixen Vorstellung entsprechen. Obwohl immer rege und beflissen, hatte meine Großmutter Zeit und ließ den Dingen Zeit. Ihr Garten strahlte eine unglaubliche Kraft und Lebendigkeit aus.
Ich verbrachte viele Stunden mit meiner Oma in ihrem Garten. Ich liebte ihre Rosen, die Stein- und Bartnelken, die Strohreserln, den Herzerlstock und die Traubenhyazinten. Die Maiglöckchen hatten es mir besonders angetan. Diese filigranen, fein gezeichneten Blüten, dieser unvergleichliche Duft. Viele dieser Pflanzen habe ich auch heute wieder in meinem eigenen Garten. Wenn ich es zulasse und mir Zeit und Muße nehme, dann reise ich in Gedanken zurück in die wunderbare, idyllische, schwerelose Welt meiner ersten Jahre…
Karin K., Haselsdorf
Kinder-Garten-Paradies
Ich liebte es in den Kindergarten zu gehen. Schon beim Hineingehen strömte mir der Duft aus der Küche entgegen. Sr. Archangelas verschwitztes Gesicht war im Fenster zu sehen, mit einem stets breiten Lächeln auf den Lippen. Damals dachte ich, alle Küchenschwestern heißen Archangela...
Der Küchenduft vermischte sich ungefragt mit dem Duft der vielen Kinderpatschen in der Garderobe. Als ich das erste Mal diesen Kindergarten betrat, war ich erstaunt über die Zwergeneinrichtung. Kleine Tische, Sesseln, Bänke, ja sogar Waschbecken und die Toilette, alles im Kleinformat.
Hier also ist der Ort, an dem Kinder wachsen dürfen, bis sie reif sind. Hier erprobte ich diverse Fertigkeiten wie kleben, schneiden, puzzeln, zuhören, abtrocknen und das Legen von bunten Muster.
Das schönste war der Garten des Kindergartens. Da gab es ein altes Autowrack, in dem ich sämtliche Orte bereiste, die ich damals kannte. Einen riesigen Sandkasten, der eher von den Buben frequentiert wurde und eine Riesenschaukel, die manche Tränen provozierte. Der eine schaukelte zu lange, oder zu hoch, oder es war jemand zu nahe vorbeigegangen...
Es gab einen großen Pavillon und hinter einer Hecke, einen ruhigen Rastplatz. Im Sommer wurden hier die Mini-Feldbetten aufgestellt, wo die kleineren Kinder schlafen konnten.
Die Hühner vom Pfarrhof gackerten hörbar bis in unser Kinder-Garten-Paradies. Wie oft stand ich am Zaun und fragte mich, was wohl dahinter sei? Wie so ein Pfarrhofgarten aussah, und was dort angebaut werden würde?
Ich entwuchs dem Garten meiner Kindheit. Wenn ich mit meinen Kindern spazieren ging, gingen wir so manches Mal an der Kindergartenmauer entlang. Jetzt war ich groß genug, darüber zu sehen und jedes Mal wieder staunte ich, ob der Nüchternheit des Gartens. Der Zauber meiner Kindheit war einem Klettergerüst und etlichen sterilen Spielsachen gewichen. Kein Zaun mehr, der die Phantasie anregte, auch keine Hecke für den ruhigen Mittagsschlaf.
In irgend einer unerklärbaren Form bin ich noch immer eine Pflanze dieses Gartens. Ich reife nach wie vor dem Leben entgegen...
Silvia B., Wartberg
Der rettende Stein und andere Viecherein
Wie vom wilden Affen gebissen raste unsere Senta, eine Hovawart-Hündin, durch den Garten, als sie noch voller Energien war. Sie war jung aber schon ausgewachsen, ich jung und noch mit viel
Potential an Größe. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass ich in diesen Momenten ihrer ungestümen Raserei trotz aller Liebe zu ihr einen Heiden-Respekt, um nicht zu sagen, sogar etwas
Angst davor hatte, umgerannt zu werden. Wenn das Rasen wieder begann, was, so glaube ich mich zu erinnern, ihr damals fast täglich in die Beine schoss, musste ich mich in Sicherheit
bringen.
Mitten im Garten lag ein Findling, für mich damals ein Felsen von nicht ganz meiner Höhe, aber ihn galt es erstens zu erreichen und zweitens rechtzeitig zu erklimmen. Was ich als Salzburger
Bergfex – das jahrelange (!) Wandern im Lungau hatte also doch Sinn gehabt – immer schaffte! Vom rettenden Gipfel aus betrachtet machte dieses Rennspektakel Spaß. Manchmal waren wir zu zweit da
oben, wenn eine meiner Freundinnen zu Besuch war. Sie fürchteten sich wirklich vor Senta, die lieb aber für uns Kinder doch oft zu ungestüm war. Als sie dann im zarten Alter von ein oder zwei
Jahren elf Junge geworfen hatte – das erledigte sie während der Fernsehübertragung des Begräbnisses von Bundespräsident Franz Jonas, wurde sie ruhiger. Fortan flüchtete sie, allerdings nicht vor
mir, sondern vor ihren vielen Babies, um ab und zu Ruhe zu haben. Auch sie fand Rettung in der Höhe, lief die Stiegen bis zum Dachboden hinauf, alle Kleinen kraxelten mühsam der Mama nach, oben
angelangt, trixte Senta sie aus, lief wieder hinunter, was die elf wegen ihrer noch zu kurzen Beine nicht schafften. Die junge Mutter genoss für kurze Zeit die Ruhe herunten. Der fiepende Protest
der Hundebabies war nicht zu überhören, und so sammelten wir sie auf der Stiege ein und trugen sie zu ihrer Mama, an die sie sich dann glücklich schmatzend drängten. Lilli S.,
Wartberg
Mein Hauswurz-Immergrün-Paradies
Der Garten meiner Kindheit war ein Bauerngarten - 'hint drausst', hinter Haus, Stall, Tenne und Garage. "Hul mia a Gurkn von hint drausst und a Schippal Schnittlauch".
Hint drausst im Gegensatz zum Garten vor dem Haus, der neben Gemüse und Kräutern vor allem Blumen wachsen ließ.
Und im hinteren Garten konnte man Ribisel essen, nur die tiefroten, die anderen waren zu sauer, die schwarzen Johannisbeeren haben scheußlich geschmeckt in der Kindheit, davon haben wir Kinder Abstand gehalten!
Viel Salat, verschiedene jahreszeitliche Sorten, Erbsen - köstlich aus der Schale gegessen - zuerst die Schale knacken und dann die Süsse der jungen Perlen, die leichte Herbheit der großen.... Weiß- und Blaukraut waren damals wenig interessant für mich.
Kamille, Baldrian, Pfefferminze als Nothelfer, die Erdäpfel wuchsen auf dem großen Acker.
Schnittlauch, Petersilie, Liebstöckel (Lustock genannt im Obersteirischen) kamen von allein wieder im Frühjahr - doch das Pflanzen und Ernten war so viel Arbeit für Mama - manchmal habe ich geholfen - die Brüder nie - nur bei den Erdbeeren waren sie immer dran!
Beim Erbsen-, Ribisel- und Kamille Brocken habe ich mit meiner Mutti, die eine wunderbare Stimme hatte, gesungen - sie konnte zu jedem Lied eine 2. Stimme finden und hat den Boden für meine eigene anhaltende Sangeslust bereitet.
Salat holen, Möhren ausziehen - dabei anhand des Grünzeugs spüren und erwarten, welche schon dick und lang sind....
Von den Erdbeeren naschen - jedes der Geschwister hat geschaut, welche als nächste reifen werden und manchmal haben wir aus Gier auch unreife gegessen.....
Unser Garten war zweigeteilt durch einen betonierten Weg und wenn ich diesen Steig zu Ende gegangen bin, unter den 2 Wäscheleinen hindurch, die "angespreizt werden mussten mit Holzstangen, die oben eingeschnitten waren, kam ich an mein ganz eigenes kleines Gärtlein im Garten.
Der Bauerngarten war groß und quadratisch und mein Kleinstreich vielleicht 1/2 x 1/2 m gross. Es war dankbar in Pflege und Haltung, denn der Bewuchs bestand aus Hauswurzn (Succulenten) und Immergrün. Mein Gärtlein war also IMMER GRÜN, Mit wundervollen blau-violetten Blüten in der wärmeren Jahreszeit.
Staunend hockte ich davor, schaute die kleinsten, kleinen und größeren Hauswurz in ihrer Verschiedenheit und doch Geschwisterlichkeit an. Manchmal habe ich ein wenig Immergrün gepflückt und in eine kleinste Vase gestellt. So eine Freude!!
Dieses Gärtlein war etwas, das ich meinen Brüdern voraus hatte - Traktorfahren konnte ich nur, wenn die Buben verhindert waren. Heute fast undenkbar, dass wir Kinder nach genauester Einweisung im 1. Gang auf dem Feld herum gefahren sind!
Jetzt könnte man auch sagen, der Garten sollte mich schon auf die weiblichen Tugenden der Hege, Pflege und Haushaltsführung vorbereiten, doch mein Hauswurz-Immergrün-Paradies hatte keine wirtschaftliche Bedeutung. Es war da für Freude und Schönheit.
Ich hatte dieses Flecklein Glück fast vergessen - bis ich im Wald Immergrün sah.
Im Erinnern kam ein warmes, kräftiges Strahlen dieses Glücks zu mir zurück.
Maria E.-S., Graz